„Brisingr“ – Rezension

Nachdem die ersten beiden Bände von Christopher Paolinis „Inheritance“-Trilogie clever und erfolgreich vermarktet wurden – und nachdem die Verfilmung des ersten Bandes grandios floppte -, hat sich der Wirbel um die „Eragon“-Bücher erstmal gelegt. Doch halt, mit dem Erscheinen des dritten Buchs, „Brisingr“, handelt es sich ja nicht mehr um eine Trilogie, sondern um einen „Zyklus“, denn ein vierter Band wird folgen, der die Geschichte abschließt. Oh, wäre Paolini doch bloß bei einer Trilogie geblieben!

„Brisingr“ schließt direkt an seinen Vorgänger „Eldest“ – zu Deutsch „Der Auftrag des Ältesten“ – an, Saphira, Eragon und sein Cousin Roran bereiten sich darauf vor, die Ra’zac in ihrer Lauer anzugreifen und Rorans Verlobte Katrina zu befreien. Dies gelingt ihnen zwar, doch erblickt Eragon in dem Verlies auch Katrinas Vater Sloan, der nur noch ein Häufchen Elend darstellt. Eragon kann es nicht über’s Herz bringen, den Mann zu töten und bleibt mit ihm im Herz von Galbatorix‘ Reich zurück, während die anderen fliehen.

Eine gefährliche Reise zurück zu den Varden liegt nun vor Eragon. Doch dies ist nur der Anfang eines unsicheren Wegs, denn der Krieg zwischen den Varden und Galbatorix hat gerade erst begonnen, und noch immer haben Eragon, Arya, Nasuada und alle anderen keine Ahnung, wie sie Murtagh oder Galbatorix bezwingen können.

Außerdem drohen die Zwerge, sich von den Varden abzuspalten, da sie einen neuen König wählen müssen. Und Eragon muss immer noch sein Versprechen einhalten, seinen Lehrmeister Oromis erneut aufzusuchen. Doch können ihn seine Verbündeten zu Kriegszeiten überhaupt noch entbehren?

Brisingr ist ein Wort der alten Sprache und bedeutet „Feuer“. Keine Ahnung, was „Kaffeekränzchen“ in der alten Sprache heißt, auf jeden Fall wäre es ein treffenderer Titel für diesen Roman gewesen. Eragon, Roran, Saphira und Co. entwickeln sich hier von jungen Wesen in der Entwicklung zu ollen Laberbacken, die nichts anderes zu tun haben, als ihr eigenes Tun andauernd moralisch zu hinterfragen, mit ihren Unsicherheiten zu hadern und diese laut in die Welt hinauszuposaunen. Bla bla bla bla bla, hatten wir alles schon im letzten Band der Reihe. Es ist erschreckend, wie wenig Dinge von Konsequenz in „Brisingr“ gegenüber den anderen beiden Büchern geschehen. Man könnte aus diesem knapp 800 Seiten starken Buch locker 400 kürzen und an der Geschichte würde sich rein gar nichts ändern. Paolini schreibt zwar, dass er jetzt mehr Zeit habe, um seine Charaktere zu entwickeln, de facto passiert da aber nichts, was nicht schon im letzten Buch klar gemacht wurde. Eragon schwankt weiterhin zwischen erzürntem Bengel und feingeistigem Humanist, Nasuada intrigiert fleißig, um sich an der Macht zu erhalten und Roran hat nichts Besseres zu tun, als sich wie ein monströser Lemming in die aussichtslosesten, halsbrecherischsten, dümmsten Kämpfe zu stürzen, um dann mal eben doch noch zu überleben. Und die Drachin Saphira sagt zwar viel, hat aber im Endeffekt nichts zu sagen.

Die eigentliche Geschichte findet auf den ersten 100 und auf den letzten 200 Seiten statt. Da gibt es dann auch noch eine kleine Offenbarung, die den Eindruck macht, als würde jemand seinem schreienden Kind im Supermarkt nun doch noch den gewünschten Lolly kaufen, damit es endlich Ruhe gibt. Immerhin wurde die hoffnungslose Romanze zwischen Eragon und Arya aus „Eldest“ auch als wirklich hoffnungslos abgehakt und macht keine weiteren Anstalten, wieder aufzubrechen.

Dies sind harte Worte für ein Buch, das man auf jeder Seite eigentlich mögen möchte – denn die beiden Vorgänger sind gut und die Hoffnung besteht die ganze Zeit über, dass mal endlich irgendwas Spannendes passiert. Zum Schluss muss man sich die Enttäuschung über den mageren Inhalt dann jedoch eingestehen. Dabei ist doch das Ausmaß an Selbstreflexion, das die Charaktere des Buchs zeigen, für einen Jugend-Fantasyroman regelrecht beeindruckend. Viele der Handlungen Eragons (zuviele) werden auf ihre Moralität abgeklopft, immer wieder wird gefragt, was Richtig und was Falsch ist, all das Töten hinterlässt die Protagonisten – von Saphira mal abgesehen – nicht ohne Spuren. Paolini bemüht sich um Differenziertheit, und das ist bemerkenswert. Nur ist all das wie hinweggeblasen, wenn es tatsächlich ans Morden und Töten geht. Denn da werden all die Kriegshandlungen detailliert beschrieben, gelegentlich sogar fast schon beunruhigend hochstilisiert, wie in einem Hollywood-Film. Bei einem normalen Fantasyroman wäre das kein Problem, für ein Jugendbuch ist es fast schon zu heftig.

Im Endeffekt hat man den Eindruck, als wäre aus der Trilogie nur deswegen ein Zyklus geworden, damit man ein Buch mehr an den Leser verkaufen kann. Paolini mag zwar als Jungschriftsteller bereits einen sicheren (wenn auch recht pompösen) Stil haben, aber über das Kürzen seiner Geschichte sollte ihn nochmal irgendjemand belehren. An „Brisingr“ hat man jedenfalls nur deswegen Spaß, weil die Hoffnung nicht verloren geht, dass es irgendwann noch besser wird. Letztendlich bleibt dann jedoch nur die Hoffnung, dass aus vier Bänden im Endeffekt nicht etwa fünf werden …

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