Simon Werner – Der Drache regt sich

Der Drache regt sich. Die Welt bebt. Die Menschen sterben.

Der uralte, unbewegliche Drachentöter mit der künstlichen Verdauung sitzt auf seinem Thron und vergnügt sich mit jungen Mädchen, während sein panischer Hofstaat eine große Armee gegen den Drachen losschickt, die eh draufgehen wird, lange bevor sie auch nur in die Nähe des Untiers kommt. Als sich die Möglichkeit ergibt, den Letzten Magier wieder zu erwecken, macht das die Situation irgendwie auch nicht besser, sondern nur noch schlimmer. Aber vielleicht kann ein nacktes Mädchen mit einer Bleikugel in der Brust die Sache ja ändern? Oder die junge Golde aus Berlin?

Man muss zugeben: Fantasy ist ein höchst lächerliches Genre. Immer gleiche Geschichten in immer gleichen Parallelwelten wurden bereits bis zum Erbrechen exerziert und nahmen sich dabei obendrein auch immer noch äußerst ernst. Der Drache regt sich ist so eine Geschichte in so einer Parallelwelt und im Grunde genommen auch ganz fürchterlich ernst erzählt – aber wirklich ernst gemeint ist hier nur ganz wenig. Der düstere Text um ein vom Hunger geplagtes Volk, welches von seinen Herrschern in den Tod geschickt wird, ist im Buch immer wieder urplötzlich von Absätzen unterbrochen, die in einer anderen Schriftart geschrieben sind und absurde Dinge aus unserer Welt beschreiben, die vielleicht entfernt etwas mit den Geschehnissen in der Parallelwelt zu tun haben, vielleicht auch nicht. Darunter befinden sich ein dämliches Tolkien-Quiz, Werbung für ein Death Metal-Kartenspiel, kurze Szenen einer Ehe oder kurze Äußerungen wie “fahr nicht so schnell! denk daran, dass hier oft kinder spielen!“, gelegentlich illustriert mit abstrakten Skizzen. Immer häufiger werden diese Unterbrechungen, bis sie irgendwann ihre eigene Storyline auftun und sich schließlich alles vollends vermischt. Das hört sich jetzt wesentlich interessanter an, als es ist, denn herauslaufen tut das auf – exakt gar nichts!…

Vielleicht – und das ist bereits eine gewagte Interpretation angesichts dessen, was das Buch hergibt – wird in Der Drache regt sich der unterschwellige Versuch angestellt, die Lächerlichkeit des Genres Fantasy darzustellen. Doofe Rituale, übertriebene Gewalt, absurde Wendungen, skurrile Namen und nackte Frauen an allen Ecken und Enden, die sich später sogar dafür schämen, nur als sexuelles Objekt notgeiler Fantasyfans und -künstler dienen zu müssen. Irgendwie wird da schon die Comicästhetik des Genres karikiert, aber irgendwie auch nicht so richtig, dazu fehlt diesen Ansätzen eine klare Richtung.

Eine echte Geschichte erzählt das Buch jedenfalls nicht, nur ein konfuses Gewurschtel aus halboriginellen Einfällen und Merkwürdigkeiten, das keinen Spannungsbogen hat und haben will, sich aber sehr anstrengt, immer so verwirrend wie möglich zu sein. Und je mehr man liest, desto mehr kommt man zu der Erkenntnis, dass hier lediglich ein Autor versucht, mit allen Mitteln originell zu wirken – was zum reinen Selbstzweck verkommt. Was soll beispielsweise das letzte Viertel des Buchs, in dem man sich zwischen zwei Enden entscheiden muss und nur noch auf der linken oder rechten Buchseite lesen darf? Ho ho, sowas gab es ja noch nie! Jetzt weiß man, warum. Es erfüllt keinerlei Funktion, es erhebt die Form zum Inhalt und drückt darin lediglich eine gewisse Selbstverliebtheit des Autors in seine eigene Kreativität aus.

Fazit:

Vor allem aber versteht sich Der Drache regt sich als sehr verrücktes, humorvolles Buch. Den einzigen echten Lacher gibt es auf den ersten paar Seiten.

Es ist ein Peniswitz.

Diese Rezension wird mit freundlicher Erlaubnis von Media-Mania.de verwendet

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