The Draconomicon

Das Draconomicon ist ein Extra-Regelwerk zum Rollenspielsystem “Dungeons & Dragons“, nur über Drachen – kein Wunder, dass diesen Kreaturen so viel Bedeutung beigemessen wird, schließlich sind sie fester Bestandteil von Fantasy, Mythologie, Rollenspielen und nicht zuletzt auch des Namens eines der ältesten und bekanntesten RPG-Systeme der Welt.

Die Drachen wurden zwar im Kreaturenband zu D&D behandelt, von daher ist dieses Buch nur als Zusatzregelband zu verstehen. Für den normalen Drachenfan dürfte das weniger interessant sein – ganz im Gegensatz zum Inhalt.

Wie immer von den Wizards ist die Aufmachung des Buchs absolute Spitze. Das Cover wurde von Todd Lockwood gezeichnet, von dem auch die eine oder andere graphische Charakterstudie im Band selbst vorzufinden ist. Neben ihm sind jedoch noch ungefähr zwei Dutzend weitere Künstler mit ihren Illustrationen vertreten, viele davon extra für das Buch angefertigt. Allein von der optischen Seite gibt das Buch also wirklich eine Menge her.

Doch auch der Informationsgehalt vom Draconomicon ist nicht zu verachten. Physiologie, Psychologie, Verhaltensweisen, soziale Strukturen und die fünf farbigen sowie die fünf metallischen Unterarten werden detailliert und eingehend erläutert, zu den meisten Texten gibt es passende, anschauliche Illustrationen. Besonders die Beschreibung von Skelett und Muskeln des draconischen Flugapparates sind sehr gelungen: Für die einzelnen Muskeln und Knochen hat man sich wissenschaftlich klingende Namen ausgedacht und ihnen entsprechende Funktionen verpasst, was die Glaubwürdigkeit in diesem Sektor sehr unterstützt – und nebenbei Lockwoods recht übertrieben gezeichnete Flugmuskeln ein wenig rechtfertigt. Mindestens ebenso glaubwürdig sind die Beschreibungen der inneren Organe oder der ausgeprägten Sinne der Drachen geraten. Die Autoren verwenden dabei Sprache von etwas höherem wissenschaftlichen, aber immer noch verständlichem Englisch, was den Eindruck von Seriosität noch verstärkt.

Auch in die Psychologie der Drachen bekommt man viele Einblicke. Über das Schätzesammeln, soziales Verhalten, Partnerschaften unter Drachen, ja sogar über Religionen und Sprache gibt es eigene Abhandlungen. Sehr cool: Ein kleines Draconisch-Wörterbuch mit dazu passender, kleiner Grammatikkunde! Doch auch auf das Mysterium, wie alt Drachen denn nun werden können und was dann mit ihnen geschieht, wird neues Licht geworfen.

Wer allerdings davon ausgeht, dass viele Teile des Monsterkompendiums oder gar des älteren AD&D-Regelwerks übernommen wurden, der liegt falsch. Zwar sind die klassischen fünf bösen und fünf guten Drachenarten noch genauso vertreten, wie man sie bereits aus dem Monsterkompendium der zweiten Regeledition kennt, jedoch wurden ihnen viel detailliertere Beschreibungen verpasst und, was noch viel wichtiger ist, ein individuelles Aussehen für jeden! So werden bei jedem Drachen textlich und bildlich Merkmale aufgezählt, an denen man die einzelnen Drachenarten unterscheiden kann.

Dieses erste Kapitel des Buchs ist für den Drachenfreund noch am interessantesten. Danach geht es mehr mit dem Regelteil für das D&D-System weiter, der jedoch ebenfalls mit vielen tollen Bildern aufwarten kann. Ein D&D-Meister bekommt genaue Richtlinien, wie er Drachen erstellen und im Kampf verwenden kann, Informationen über Charakterklassen von Drachen, besondere Fähigkeiten und magische Gegenstände.

Im dritten Kapitel kann ein Spieler lernen, welche Anti-(oder Pro-)Drachen-Charakterklassen es gibt, was man mit einem Drachen in der eigenen Abenteuergruppe so anfangen kann oder wie man gar selbst einen Drachen spielen kann.

Der vierte Teil behandelt dann alle möglichen mit Drachen verwandten Rassen und Arten, vom Dracolich über den Feendrachen bis hin zum Skelettdrachen gibt es Dutzende von Kreaturen mit allen nötigen Statistiken, die der Meister benötigt.

Sehr interessant ist dann noch der fünfte Teil, in dem zu jeder der zehn wahren Drachen jeweils zwölf Beispieldrachen abgedruckt sind – zu jeder Altersstufe einer, jeder mit individuellen Fähigkeiten, Zaubern und einem kleinen Abriss seines Charakters sowie nochmals wunderschöne Farbtafeln mit Größenvergleichen der Drachen und genauen Plänen ihrer einzelnen Höhlen und Verstecke.

Als Anhang gibt es dann noch kurze Beispiele für kleine und große Drachenhorte.

Für einen Drachenfan ist das Draconomicon eigentlich Pflichtlektüre. Die hervorragende Aufmachung, die hochinteressanten Texte und nicht zuletzt die vielen schönen Bilder lassen das Draconomicon zusammen mit dem den Drachen des D&D-Systems eigenem, klassischen Fantasy-Flair zu einer großartigen Informationsquelle für Drachen werden, die wirklich fast alle Bereiche von Interesse abdeckt.

Für jemanden, der kein D&D spielt, sind natürlich die sehr vielen unrelevanten Informationen, Statistiken und Regeln eine eher unnötige Dreingabe. Als interessierter Leser hat man den reinen Informationsgehalt über Drachen der 289 Seiten somit auch an einem längeren Nachmittag bereits durchgelesen.

Den sehr hohen Preis von ungefähr vierzig Euro rechtfertigt das Buch also noch am ehesten, wenn man es auch wirklich als Meister oder Spieler von D&D verwendet.

Vielen Dank an Doc für die Rezension

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