Seeräubern leicht gemacht

Aus dem Stamm verbannt wurde der junge Wikinger Hicks bei seinem letzten Abenteuer zwar nicht, aber der Seeräuberunterricht unter Grobian lässt ihn fast wünschen, es wäre anders gekommen. Sein größter Konkurrent Rotznase ist in einfach jedem Fach besser als er, sei es Schreien und Brüllen, Fremde erschrecken, Hirnlose Gewalt oder Unverschämtes Benehmen für Fortgeschrittene. Erneut gibt es allen Grund, daran zu zweifeln, dass er der nächste Häuptling der Räuberischen Raufbolde sein soll.

Da finden die Kinder während einer Unterrichtsstunde im Schwertkampf (in der Hicks auch ganz fürchterlich versagt) den Sarg des sagenumwobenen Seeräubers Grimmbart dem Abscheulichen. In diesem Sarg befindet sich allerdings nicht die Leiche des Piraten, sondern Alwin der Arme-aber-Ehrliche-Bauer. Der bedankt sich für seine Befreiung und bietet den Wikingern eine Schatzsuche an, fand er doch in dem Sarg eine Schatzkarte zur sagenumwobenen Totenkopfinsel und damit zum noch sagenumwobeneren Schatz von Grimmbart. Die Räuberischen Raufbolde lassen sich nicht lange bitten und brechen sofort auf. Die Chance für Hicks, sich zu beweisen! Nur wird die Totenkopfinsel von einer ganz besonders gefährlichen Art von Drachen bewohnt… na das kann ja heiter werden!

Wenn sich Kinder und Jugendliche von diesem Buch aufgrund des Untertitels tatsächlich ein paar nützliche Tipps für ihr Piratendasein erhoffen, müssen sie leider enttäuscht werden. Seeräubern leicht gemacht ist, wie sein Vorgänger Drachenzähmen leicht gemacht, ein vollwertiger Roman für die Jüngeren, das eigentlich sogar noch mehr als der erste Teil dieser Reihe um den jungen Wikinger Hicks.

So sind dann auch fast alle Elemente des schönen Vorgängers in diesem Buch enthalten: Nette, simpel gezeichnete Charaktere, niedliche Illustrationen, ungezogene Sprache, hohes Tempo und kindgerechte Spannung. Seeräubern leicht gemacht könnte sogar einer der ersten richtigen Abenteuerromane sein, den die Jüngeren auch alleine lesen – und die werden ihn sicherlich ganz furchtbar aufregend finden. Nur ist der Abstand zwischen denen, die ihn überhaupt lesen können und denen, die schon alt genug für Harry Potter sind, äußerst gering. Immerhin ist das Buch kein müder Abklatsch, sondern recht eigenständig und schön altmodisch. Eine bewusste, wenn auch entfernte Verwandschaft zu Rowlings Erfolgsserie besteht dennoch, thematisiert Seeräubern leicht gemacht doch ebenfalls den leicht entfremdeten Schulalltag eines gewöhnlichen Kindes, das sich gegenüber seinen Konkurrenten und den Erwachsenen behaupten muss. Deswegen ist Hicks natürlich auch umso einfacher ins Herz zu schließen. Was sich die Autorin Cressida Cowell mit ihren ekelhaften Monstern so traut, ist dabei erneut erfrischend unkindlich. Wenn es aber ums Töten und Kämpfen geht, schaltet auch sie einen Gang runter, deswegen bleibt das Buch auch für die etwas Kleineren noch gut genießbar.

Leider gibt es aber auch so einige Rückfälle gegenüber dem schönen Vorgänger. Wo bleibt beispielsweise der freche, unerwartete Humor? In Drachenzähmen leicht gemacht musste ich fast die ganze Zeit über grinsen, hier nur ab und an mal vielleicht ein wenig schmunzeln. Die Geschichte mag zwar insgesamt spannender sein, ist aber für Ältere naturgemäß recht vorhersehbar, was jedoch auch hätte schlimmer sein können. Schöne Ideen wie eingestreute Ausschnitte von Büchern im Buch oder Charakteristika neu eingeführter Drachenarten gibt es erneut, die sind diesmal aber bei weitem nicht so phantasievoll und scheinen schon jetzt reine Formsache zu sein. Hinzu kommen störende Details. Beispielsweise wird es nicht ganz konsequent durchgehalten, dass Drachensprache in einer anderen Schriftart geschrieben steht, das permanente Gestottere des Drachen Zahnlos geht einem ziemlich schnell auf den Keks und Rotznases Drachin Feuerwurm war im letzten Buch noch sehr männlich. Transsexualität ist aber ein Thema, von dem selbst ein so frecher Roman wie Seeräubern leicht gemacht freilich tunlichst die Finger lässt.

Fazit: Das Buch ist eine nette Fortsetzung des Vorgängers, aber keine, die wirklich überzeugt. Eine gute Wahl für den ersten Abenteuerroman, den man nicht mehr vorlesen muss.

© Doc, mit freundlicher Genehmigung von Grimoires.de

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