Das Buch der Ungeheuer

Das Buch der Ungeheuer – Drachen

Drache ist nicht gleich Drache, daher sollte man den riesigen langlebigen geflügelten Drachen der Spezies Draco nicht mit seinen harmloseren Verwandten verwechseln, dem Unechten oder Flugdrachen (Pseudodraconis), dem Halbdrachen (Ophido draconis). Echte Drachen sind die am höchsten entwickelten Echsen; sie übertreffen die anderen Ordnungen an Größe, Intelligenz und Lebensalter Lebensraum, Aussehen und Lebenszyklus der fünf Drachenarten unterscheiden sich beträchtlich voneinander, so dass sie nach Ihrer Herkunft aus Europa, dem Nahen Osten, dem Mittleren Osten Indien und dem Orient unterschieden werden.

Jeder Kryptozoologe kennt den fehler in Uccelos Bild des
heiligen Georg:Es zeigt keinen Drachen, sondern den zwei-
beinigen Flugdrachen!


Vierbeiniger Feind
Über Drachen wird in vielen Begriffen gesprochen und immer wieder werden unkorrekte Bezeichnungen verwendet. Die Bezeichnung Flugdrache, Hydra oder Feuerspeiender Drache wurden immer wieder unkorrekt verwendet. Weitere gebräuchliche Verwendungen sind: Wurm, Lindwurm, Flügelschlange, Fliegende Schlange. Spezifische Arten von Drachen sind zum Beispiel der aus Frankreich stammende peluda (ein Drache mit Fell, der Wasser speit), tarasque, guivre und gargouille (ein ebenfalls wasserspeiender Drache, der um ein Haar die französische Stadt Rouen im Jahre 520 n. Chr. Zerstört hätte); von Lindwürmern berichtet man in England, in Persien kennt man den musshussu und in Irland den peist.

Wir sind naturgemäß am vertrautesten mit dem klassischen Europäischen Drachen (Draco magnificens), einem vierbeinigen Geschöpf, mit Schuppenhaut, Adlerklauen, einem langen, muskulösen Schwanz und einem horngekrönten Reptilienhaupt. Seine Fledermausflügel entspringen aus den Rippen direkt hinter den Vorderbeinen.

Die Drachen Europas und des nahen Ostens bevorzugen eine terrestrische Lebensweise, sie leben hoch in unwegsamen Gebirgsregion, obwohl es auch hier Ausnahmen gibt: Irische Drachen (Draco magnificens goidelis) leben nur im Wasser. Drachenhöhlen haben einiges gemeinsam: Sie sind groß, manchmal geradezu riesig, mit einem bequemen Zugang zu Außenwelt. Der gut versteckte Eingang zeigt die Spuren des Drachens.

Schuppen seines Panzers liegen ebenso am Höhlenboden verstreut wie die Knochen und Kadaver seiner Opfer. Am bemerkenswertesten ist aber der Drachenschatz, Gold und Geschmeide, das wohl bewacht in einer Höhlenecke aufgehäuft liegt.

 

Die Minnesänger des Mittelalters liebten es von Alexander
dem Großen zu erzählen: Neben vielen anderen
schrecklichen Kreaturen besiegte dieser auch Drachen auf
seinen Reisen durch Europa und Kleinasien.

Großmutter war ein Velociraptor
Die evolutionären Ursprünge des Drachen sind rätselhaft. Wissenschaftler nehmen traditionellerweise an, Drachen würden von Echsen wie etwa der Brückenechse abstammen. Sie verweisen auf den Komodo-Waran – auch Komodo-Drache genannt -, der ja auch von Echsen-Vorfahren abstammt. in den letzten Jahren steigt aber die Zahl jener an, welche meinen, Drachen würden von fleischfressenden Dinosauriern – wie etwa, dem Velociraptor abstammen. Fossile Beweise dafür sind kärglich, und da es seit dem Mittelalter nicht mehr gelungen ist einen lebenden Drachen zu fangen, kann diese Frage vorläufig wohl nicht entschieden werden.

Nichtsdestoweniger häufen sich die Beweise für die zweite Theorie, vor allem deshalb, weil man heute annimmt, dass Dinosaurier wie der Velociraptor warmblütig waren. Wenn das auch für Drachen gilt, könnte es den Umstand erklären, dass Drachen auch in relativ kalten Regionen wie Skandinavien oder Island überleben können. Und es könnte auch die Erklärung dafür liefern, woher sie die Energie für das aktive Fliegen nehmen.

Die Flugfähigkeit ist eine weitere Verbindung zwischen draco und Velociraptor: Sie besitzen beide vogelähnliche Hüftknochen und Brustbeine, am breiten Brustbein setzt die Brustmuskulatur an, mit der er seine Flügel bewegt. Anhand solcher Hinweise schlug der Kryptozoologe Dr. Basil Iske – er ist auch Mitglied der CSL – vor, Drachen hätten sich aus vogelähnlichen Dinosauriern entwickelt wie die Vögeln selbst. Iske hat auch vorausgesagt, dass ein Fossil-Beweis für diese Theorie auftauchen würde – vergleichbar dem Archaeopterix für die Frage der Vogelabstammung. Und tatsächlich wurde solch ein Beweis kürzlich gefunden: Die Reste des Kuehnosaurus, einer geflügelten Echse aus der Kreidezeit, könnten das „missing link“ in der Evolution der Drachen sein.

Drachenväter Rabenväter
Drachen der häufigsten europäischen Art (Draco magnificens) schlafen die meiste Zeit des Jahres über, und auch wenn sie wach sind, zeigen sie kaum Aktivität, sondern konzentrieren sich darauf, Ihren Schatz zu bewachen.

Diese gefährlichen Einzelgänger treffen auch nur sehr selten zusammen, um sich zu paaren, im übrigen ein sehr gewalttätiges Ereignis. Nach rund einem Monat Trächtigkeit legt das Weibchen 3-12 große Eier mit ledriger Schale (Etwa so groß wie ein Straußenei), die es ganz allein aubrütet und das bei einer Temperatur von rund 50° Celsius. Die Brutzeit kann bis zum einem Jahr betragen, während dessen sich das Vatertier in keinster Weise um die Mutter kümmert.

Große Mengen Rinder und Schafe bilden die Hauptnahrung des Drachen, doch lieber ernähren sie sich von Menschenfleisch, vor allem von dem jungen zarten der Kinder und Jungfrauen. Westliche Drachen sind dafür berüchtigt Jungfrauen als Köder zu verwenden, um hitzköpfige Helden anzulocken, die dann eine willkommene Abwechselung zu Ihrer monotonen Diät aus Schafs- und Rindfleisch bilden.

 

In einem berühmten Experiment des 18. Jhs
diente ein fliegender Drache dazu die Fähigkeit des
menschlichen Auges zu testen, ein sich schnell
bewegendes Objekt zu verfolgen.

Jagd im Freien Fall
Berichte aus erster hand zeigen, dass Drachen in ähnlicher Wesie wie Falken jagen. Typischerweise nutzt der Drache warme Aufwinde. Hat er ein geeignetes Beutetier erspäht legt er die Flügel und geht zum Sturzflug über, wobei er für den Angriff immer mehr Tempo gewinnt. Sobald er den Boden erreicht entfaltet er die Flügel, streckt die Hinterbeine nach vorne und packt seine Opfer. Seine gewaltigen Klauen töten die Beute in sekundenschnelle. Entweder verspeist sie der Drache sofort, oder er begibt sich damit an einen ruhigeren Ort, wo er sie mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen zerreißt. <> Berichte über die Physiologie der Drachen sind im allgemeinen unzuverlässig, weil sie aus dem Mittelalter oder aus noch früherer Zeit stammen. Es scheint, dass sie zwei oder gar mehr Mägen besitzen, wobei einer davon zur Flammenerzeugung dient. Wie andere fleischfressende Reptilien – zum Beispiel der Pythonschlange – können auch Drachen lange Zeit von nur einer Mahlzeit leben. Einen ganzen Monat lang sollen sie für den Verzehr eines einzigen Kadavers brauchen, zwei, drei Monate müssen sie daraufhin überhaupt nicht mehr fressen. Die Körper westlicher Drachen sind für das Fliegen wie die der Vögel gerüstet. Hohle Röhrenknochen sind stabil und leicht zugleich; ein breites, tief gekieltes Brustbein bieten der Flugmuskulatur eine breite Ansatzbasis- ein langer, sehniger Körper mit aerodynamischen Schuppen hat kaum Luftwiderstand. Doch Mängel in der Konstruktion ihrer Flügel machen ihnen – zumindest theoretisch – das Fliegen eigentlich unmöglich.

Erstens sind ihre Flügel aus ausgestellten Rippen und dazwischen aufgespannter Haut gebildet (Kuehnosaurus war einfacher, aber im Prinzip ähnlich konstruiert) und weder diese Flughäute noch die Rippenknochen sind theoretisch stark genug, um dem Druck des Flügelschlags standzuhalten. Zweitens beträgt die Fläche pro Flügel nur 15 m2 was bei einem theoretischen Maximaldruck von 120 kg/m2 beim Flügelschlagen nur ausreichen würde, die Masse eines Nashorns oder Nilpferdes vom Boden zu heben.

Empfindliche Weichteile
Im Lauf der Jahrhunderte haben Drachentöter und Möchtegern-Drachentöter eine Fülle an Tipps und Tricks zusammengetragen – doch die meisten klingen wenig plausibel. So heißt es etwa Drachen würden vom „süßen“ Geruch des Panters oder gar vom Duft eines nackten Mannes abgeschreckt. Weit brauchbarer ist der Hinweis auf eine Schwäche des Drachen:

Seine im Gegensatz zu seinem nahezu unverwundbaren Rücken(seine Oberseite ist von extrem harten hitzebeständigen Schuppen bedeckt) weiche Unterseite. Diese“Achillesferse“ des Drachen nutzte der germanische Held Siegfried aus: Er verbarg sich in einer Grube, und als der Drache darüber glitt, schlitzte er ihn von unten auf und tötete ihn.

MENSCHEN GEGEN DRACHEN
Die ersten Abbildungen von Drachen stammen von einer jungsteinzeitlichen Fundstelle in Liaoning in Nordchina aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Es sind Grabbeigaben mit schuppigen Schwänzen und ornamentale Drachen mit Schweinerüsseln. Steinsiegel mit Drachen aus Jade wurden in Bannu im nordwestlichen Pakistan gefunden, sie datieren ins 2. vorchristliche Jahrtausend.

In Mythen erscheinen Drachen oft als Beschützer und Wächter im Dienst von Königen und Göttern. Dieses Muster tritt auch im Babylonischen Schöpfungsmythos auf; in der ägyptischen Mythologie (etwa im 15. Jahrhundert v. Chr. im Am-Duat, dem Totenbuch), wo Schlangen-Drachen die Tore der Unterwelt bewachen; und im griechischen Mythos: Eine der zwölf Aufgaben des Herkules bestand darin, einen Drachen zu besiegen.

Im Mittelalter waren Drachen in ganz Europa verbreitet. ihr geschnitztes Abbild zierte die Schiffe der Wikinger und Beschreibungen und Bilder finden sich in den mittelalterlichen Bestiarien. Zu dieser Zeit wurde das Töten der Drachen ein regelrechter Sport. Ein berühmter Drachentöter war der heilige Georg aus Syrien, der später zum Patron von England und Portugal avancierte. Angesichts dieser geballten Aggression des Menschen wurden die Drachen streitsüchtig und tückisch und verschlangen selbst Kleinkinder und Säuglinge. Das wiederum beschleunigte das Tempo der Drachenverfolgung und die Zahl der Drachen nahm empfindlich ab.

Drachen müssen – die Gelehrten sind sich hierin einig – in Europa und in Kleinasien als ausgerottet gelten, schon vor viktorianischer Zeit gab es kaum noch Sichtungen. Wie groß die restliche Population aber auch sein mag: Es muss etwas geschehen, um die Zukunft einer der großartigsten Schöpfungen der Natur zu sichern.

 

Dieses englische Chor-
gestühl aus dem 16. Jh
zeigt einen dramatischen
Kampf gegen einen zwei-
köpfigen Drachen.


Ein offener Brief zum Thema Flugdrachen:
Geehrte Herren,

Professor Diebtrich sandte mir Ihren geschaetzten Brief vom 33. Jaenner, in dem Sie sich nach Flug- und Halbdrachen erkundigen. Es ist mir ein Vergnuegen, Ihnen kurz die folgenden Details mitzuteilen.
Ich gestatte mir den Hinweis, dass Ihnen bei der Klassifizierung des Flugdrachen mit dem Halbdrachen ein Irrtum unterlaufen ist. Beide sind mit dem Drachen eng verwandt, gehoeren jedoch nicht zu derselben Ordnung. In England nennen sie sie „dragonets“, da sie kleine Drachen Sind, doch es ist nicht korrekt, sie nebeneinander zu stellen. Ihre Bauplaene unterscheiden sich grundlegend. Die Fluegel des Halbdrachen haben sich wie jene des Drachen aus verlaengerten Rippen mit dazwischenliegenden haeutigen Membranen entwickelt. Die Fluegel der Flugdrachen hingegen sind echte Fluegel, aus den vorderen Gliedmassen entwickelt wie bei Fledermaeusen und Voegeln. Infolgedessen sehen Halbdrachen wie halb so grosse Drachen aus (daher der Name), doch Flugdrachen stehen eindeutig auf zwei Beinen. Beide leben in Hoehlen oder aehnlich geschuetzten Plaetzen‘, man erkennt sie an den Knochen und am Schmuck. Diesen sammeln sie, da sie wie Drachen auch von glaenzenden Gegenstaenden und Spielzeug angezogen werden. Halbdrachen sind wesentlich weniger kritisch als Drachen, und ihre Horte enthalten ebensoviel Plunder wie Gold. Halbdrachen sind furchtsamer als Flugdrachen und leben in entlegenen Bergen. Ihr Blut ist hoch giftig, gesaettigt mit einem fluechtigen Schwefelsalz. Es veraetzt alle Überflaechen mit Ausnahme der Adern und Haut des Drachen selbst und ist bei Luftkontakt brennbar. Halbdrachen sind nicht befaehigt Feuer zu speien, werden aber wegen ihres Bluts bisweilen als Feuerdrachen bezeichnet. Sie sind scheu und meiden Begegnungen mit Menschen. Ein Beispiel ist die mittelalterliche Geschichte einer Begegnung zwischen einem Ritter und einem Halbdrachen am Pilatusberg in der Schweiz. Der Ritter toetete den Halbdrachen, wurde aber selbst von dem giftigen Drachenblut getoetet. Flugdrachen oder Pseudodraconae leben in Uaeldern. Sie haben adleraehnliche Krallen und toedlich spitze Stacheln an der Spitze ihres Schwanzes. Sie sind von Natur aus aggressiv und greifen alles an, was eine gute Mahlzeit ergeben koennte. Den Weibchen sollte man sich niemals naehern, wenn sie Junge haben.

Ein schweizer Ritter macht sich daran den Halbdrachen
zu töten, den er in seinem Versteck gestellt hat.

Flugdrachen sind weniger schuechtern als Halbdrachen und waren einst in Europa wohlbekannt, ehe der Bevoelkerungsanstieg nach der agrarischen Revolution und die Entwicklung von Schusswaffen ihre Zahl dezimierte. Leonardo da Vinci gibt den Kampf eines Flugdrachen mit einem Loewen wieder, den er allerdings kaum selbst beobachtet haben duerfte. In mittelalterlichen Bestiarien waren Flugdrachen eine Allegorie des Teufels und wurden mit Krieg, Seuchen und Suenden verbunden, Man sagte ihnen insbesondere nach, die Pest zu verbreiten, ein fataler Vorwurf in einem Europa, das von den Grauen des Schwarzen Todes gezeichnet war.

Leonardo Da Vincis Zeichnung zeigt gut das Größen-
verhältnis eines Flugdrachen zu einem Löwen.

Der Flugdrache spielte auch in der Alchemie eine Rolle. In dieser Welt der soterischen Codes und Allegorien verkoerperte er die Materie in ihrer basalen oder untransformierten Form. Der Alchemist selbst galt als edler Ritter, der das Untier ueberwindet – die Materie in Gold verwandelt. Heute ueberleben Flugdrachen vor allem als heraldisches Emblem, und wie die Halbdrachen duerfen sie als ausgestorben gelten- In den relativ unberuehrten Bergen und Waeldern Osteuropas und Russlands koennten sich jedoch noch ein paar ueberlebende Exemplare verbergen.
Sollten Sie weitere Informationen oder eine ausfuehrlichere Darlegung obiger Punkte wuenschen, schreiben Sie uns. Es wird mir ein Vergnuegen sein, Ihre Wissensluecken zu schliessen und weitere Ihrer eklatanten Fehler zu korrigieren.

Hochachtungsvoll

H.Dietmar

Gewonnene Informationen:

Information Drache Flugdrache-Halbdrache
Lateinischer Name Draco Flugdrache:
Pseudodraconis sp.;
Halbdrache:
Ophidio draconis
Lebensraum Verschieden:
Berge, Höhlen
oder auch unter
wasser
Wälder, Höhlen, Gebrige
Lebensdauer mehr als 400 Jahre Bis zu 30 Jahre
Größe Verschieden: meistens
wie ein afrikanischer
Elefant oder ein kleiner
Roc
Flugdrachen:
1,80m-5,40m lang
Halbdrache:
1m-1,50m lang
Verbreitung Europa,Mittlerer Osten,
Kleinasien, Indien und
Südostasien
Europa, besonders
nördliche Teile


Chinesiche Drachen:

Geehrter Herr!

Als überzeugter Amateur-Kryptozoolöge, der derzeit in China arbeitet, war ich sehr enttäuscht, wie knapp orientalische Drachen in Ihrem kürzlich erschienenen „Profil“ über Drachen (Bd. 145 Nr. 7) behandelt wurden.
Der Artikel hätte „Europäische Drachen“ heißen sollen! Ich war überrascht, daß Sie nicht einmal erwähnt haben, daß der Chinesische und Japanische Drache schlanker und schlangenartiger ist als der Europäische und daß er meist grimmige, bärtige Köpfe hat. Vielleicht haben Sie die östlichen Arten übersehen, weil sie meist noch ätherischer und flüchtiger sind als ihre europäischen Kollegen. Man erhascht nur selten einen Blick auf sie, wenn sie am Himmel vorbeiziehen, sich in Wolken verstecken und Regen und Stürmen folgen. Sie überwintern in tiefen Seen, in Flüssen oder im Meer, und die Menschen im Orient verbinden ihr Erscheinen mit Frühling, Regenfällen und guten Vorzeichen für die Landwirtschaft.

Flug über das Meer auf einem weißen Drachen –
wie ihn Kunisada sah, ein japanischer Holzschneider
des 19. Jahrhunderts.

Allein die vielen Abarten des Chinesischen Drachen wären ein Thema für einen künftigen Artikel. Die Art, die der Gelehrte der Han-Dynastie Wang Fu beschrieb, hat Dämonenaugen, einen Kamelkopf, Hörner eines jungen Rehbocks, Kuhohren, einen Schlangenhals, einen Muschelbauch, Tigerfüße, Adlerklauen und Karpfenschuppen. Sein typischer Ruf klang wie aneinanderschlagende Kupferkessel. Doch es gibt viele Varianten. Nordchinesische Drachen zum Beispiel haben schweineartige Schnauzen, die geflügelten Schlangen vom Berg Sien dagegen singen mit trockener, schnarrender Stimme, um vor Trockenheit zu warnen. Chinesische Drachen fliegen dank ihres chi’ih muh, einer blasenartigen Schwellung auf dem Kopf, die von der Punktion her einer gigantischen Schwimmblase ähnelt. Das Grundwort für Drache lautet in China lung, wobei es viele verschiedene Typen gibt wie: yin-lung, shen-lung, ti-lung, fu-ts’ang lung, t’ien lung und kioh-lung. Der Sage nach wurden die Symbole des I Ging dem Kaiser Fuxi von einem flußbewohnenden Drachenpferd enthüllt, einem sogenannten Gelben Drachen, dessen Haar Muster bildete, die die acht Trigramme ergaben, die seither zur Wahrsagerei verwendet werden. Der japanische tatsu oder apalala-Drache, Draco nipponis, hat eine bemerkenswert komplexe Inkubationszeit: die Eier ruhen tausend Jahre im Meer, tausend Jahre in den Bergen und schließlich noch einmal tausend Jahre im Schatten einer schlanken Schlange, die in einem Stein wohnt, wie sie sich meist in kleinen Dörfern finden. Dreitausend Jahre nach der Empfängnis schlüpft der Drache schließlich, wächst sofort zu seiner vollen Größe heran und begibt sich in den Schutz der Wolken. Nun, ich habe mich von diesem faszinierenden Thema ziemlich hinreißen lassen. Wenn Sie mehr wissen wollen, schreiben Sie mir an:
c/o Zementfabrik zur Dreifachen Glückseligkeit, Hunan Provinz.
Inzwischen sende ich Ihnen anbei ein paar Bilder für Ihre Sammlung.

Mit freundlichen Grüßen

J.B. Glockenspiel (Ingenieur)



Noch einige kleine Zusatzinformationen:

Freueratem:
Die geheimnisvolle Fähigkeit von Drachen. Feuerstöße zu erzeugen, ist eine ihrer mächtigsten Waffen-Drachenforscher wollen bis zu 200 m lange Stöße beobachtet haben, mit Temperaturen von über 1000 °C, und viele Menschen haben versucht zu erklären, wie diese bemerkenswerte Fähigkeit erreicht wird. Professor Heinz Diebtrich vom Götlingen-lnstitut für Kryptozoologie in Deutschland vermutete, dass Drachen phosphorhaltige Felsen schlucken, die in der sauren Umgebung des Verdauungsapparats zersetzt werden, vielleicht in einem besonderen Magen (von Professor Diebtrich als phosphorokatabolischer Magen bezeichnet), wobei ein Gas frei wird, das sich bei Luftkontakt entzündet. Alle Versuche, dieses Phänomen zu untersuchen – und im Laborversuch zu wiederholen, erwiesen sich als schwierig und häufig tödlich.

 

Diese These steht in Widerspruch mit der Arbeitsthese die in „The flight of Dragons“ aufgestellt wird, ist aber auch recht interessant. Lest Euch die These im Forum einmal durch und bildet Euch eine eigene Meinung, aber stellt Euch die folgenden Fragen: War es für Drachen tatsächlich immer nötig Phosphorgestein zu sich zu nehmen? Feuerspeiende Drachen leben auch dort wo es kein Phosphorgestein geben kann. Wieviel Gestein muß ein Drache zu sich nehmen, um die besagten 200m Flammensäule zu erhalten? Hier erscheint mir diese These also etwas weit hergeholt und stark vereinfacht, wenn sie auch leicht verständlich sogar für Nicht-Chemiker ist.

 

Der Lebenszyklus der chinesischen Drachen:

Jahrhundertelange Studien chinesischer Gelehrter ergaben ein recht vollständiges Bild des 4000jährigen Geburtszykfus des Chinesischen Drachen. Nach lOOOjähriger Tragzeit als perlenartiges Ei (1) verbringt der junge Drache 500 Jahre als Wasserschlange (2), entwickelt dabei langsam einen Karpfenkopf – er wird nun kiao genannt (3). Im Lauf der nächsten 1000 Jahre entwickelt er Schuppen, vier Beine mit Klauen und ein längliches, „bärtiges Gesicht – jetzt heißt er lang (4), was „taub“ bedeutet, denn der Drache kann noch nichts hören. Es dauert weitere 500 Jahre, bis ihm Hörner wachsen, durch die er hören kann, und er ein kioh-lung wird (5) – die klassische Form des orientalischen Drachen. Die letzte Wachstumsphase (6) dauert ein weiteres Millennium, währenddessen der Drache einen Satz Flügel bekommt und ein ausgewachsener ying-lung wird (wovon es wiederum mehrere Arten gibt).

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