Das Drachenbuch update

Meine Rezension zum Drachenbuch vom Ehepaar Bandini habe ich erneut überarbeitet, hier die aktuelle Fassung:

Das Drachenbuch von Ditte und Giovanni Bandini ist, meines Erachtens nach, DAS Highlight der Drachenliteratur 2002. Aber ich beginne besser am Anfang. Als ich das Buch zum ersten Mal auf der Liste der bald zu erscheinenden Bücher fand, da neigte sich das Jahr 2001 gerade dem Ende zu. Als ich es dann endlich erhielt, war das Jahr 2002 beinahe ebenso weit fortgeschritten. In diesem Fall lässt sich jedoch ohne Bedenken sagen, dass gut Ding Weile hatte! Das Buch ist kein Aufguss bereits bekannter Geschichten, keine Kopie des Buches „Das Große Buch der Drachen“ und auch keine völlig abwegige Eigenkreation. Es ist ein Blick auf die Drachen wie sie heute sind und wie sie zu dem wurden als was wir sie heute betrachten. Jedoch beschränken sich die Autoren im Hier und Jetzt nicht einfach auf die Vorstellung Drachen sein blutrünstige Monster, so wie es althergebracht und festgeschrieben steht. Nein, sie versuchen vielmehr zu ergründen, warum die Drachen in unserer Kultur trotz der vermeintlichen Boshaftigkeit und Verschlagenheit einen so hohen Stellenwert erhalten konnte und gehen bei diesem Versuch tiefer, als viele Autoren es vorher jemals versucht haben.

Das Buch beginnt für jeden Kritiker freundlich, denn empfangen wird mit der ehrlichen Aussage, dass dasselbige keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und viele als möglicherweise wichtig erachtete Punkte nur gestriffen werden, um ein möglichst breit gefächertes Bild der Drachen zu ermöglichen. Hut ab! Soviel Ehrlichkeit ist löblich und zeigt, dass sich die Autoren tatsächlich mit der Materie und den Quellen auseinander gesetzt haben und wissen, was sie sich für ein schweres Gebiet ausgesucht haben.

So folgt im Drachenbuch zunächst die allgemeine Definition eines Drachen, sowie die grobe Klärung der Frage, was sich eigentlich alles zu einem Drachen zählen darf und was nicht. Nachdem der Leser nun weiß, was er unter einem Drachen zu verstehen hat und wie er diese eventuell unterscheiden kann, ist es natürlich interessant zu erfahren, was Drachen den ganzen Tag lang so treiben und warum sich dieses oder jenes Bild gefestigt hat! Hier beginnt nun endlich der besondere Charme des Buches sich zu entfalten. Nicht nur die althergebrachten Klischees von Gold hortenden, Jungfrauen stehlenden Drachen werden in den Vordergrund gerückt, sondern auch dass, was Drachen in heutiger Zeit so populär macht, nämlich beispielsweise die Suche nach Freunden und Gleichgesinnten. An einen Drachen ebenso fest gebunden wie seine Lebensweise ist sein Tod. Dieser wird hierbei genauso vollständig beschrieben, wie die Drachentöter und Ihre erfolgreichsten Strategien, wobei nicht nur der martialische Waffengang erwähnt wird, sondern auch die vielen kleinen „Hausmittelchen“, die Sagen oder antiken Überlieferungen zu Folge geholfen haben sollen einen Drachen zu vertreiben oder zu vernichten. Nachdem der Leser alle Vorkenntnisse über die verschiedensten Drachen, deren Lebensstile und Gepflogenheiten, Feinde und Freunde kennt, folgt der interessanteste Part des Buches, eine Art Drachenkompendium! Hierbei werden viele Begriffe, die teilweise aus Märchen, hauptsächlich aber aus Rollenspielen bekannt sind, beleuchtet und sehr passend, korrekt und stimmig wiedergegeben. Besonders hervorzuheben ist hierbei das Kapitel über Hausdrachen, das zu schreiben sich noch niemand vorher getraut hat, man aber jetzt, wo man es zu ersten Male liest, doch schmerzlich vermisst hat. Der letzte Teil des Buches behandelt schlussendlich den Weg des Drachen vom althergebrachten Ungetüm bis zum heutigen Knuddeldrachen und zum salonfähigen Charakter, der vielerorts, auch im Internet, geehrt wird, sowie ein kurzes Nachwort, welches versichert, dass Drachen noch immer existieren.

Kein Buch ganz ohne Schattenseiten, so folgt hier die spärlich gesäte Kritik. Die Aufmachung des Buches an sich ist dem DTV gut gelungen, auch die von Michael Whelan lizensierten Bilder auf Hochglanzpapier wissen zu gefallen. Allerdings hätte bei der Überarbeitung des Buches doch mal irgendjemand auffallen müssen, dass eingewobene Geschichten und Märchenzitate zwar in kleinerer Schrift dargestellt werden, der auf diese Geschichten und Märchen folgende Text aber immer wieder normal geschrieben werden müsste. So beginnt und endet manchmal eine Geschichte und wird einfach Typographisch weiter geführt, bis irgendwann mal wieder die andere Schriftart verwendet wird. Bei den Geschichten bin ich auch gleich an meinem einzigen wirklichen Kritikpunkt angelangt. Sie sind teilweise zu kurz oder werden unterbrochen, um Platz für weiterführende Kommentare der Autoren zu geben. Ein wenig mehr hätte hier bei weitem nicht geschadet! Besonders positiv ist aber zu erwähnen, dass die Autoren ein sehr ausführliches Literaturverzeichnis angelegt haben, welches viele Quellen aufweist und nur erneut zeigt, wie gut sie sich mit der Materie befasst haben. Ach ja, das Zitat auf der letzten Seite des Buches stammt nicht vom Museum für Drachen zu Furth im Wald, sondern aus dem Buch „The Flight of dragons“ von Peter Dickins.

Ich kann nur abschließend noch einmal betonen was ich schon wusste nachdem ich das Buch das erste Mal gelesen hatte. Das Buch ist einmalig, deckt bereiche ab, in die sich noch kein Autor vorher gewagt hat und geht dabei mit soviel Witz und Charme zur Sache, dass man es gar nicht mehr aus der hand legen möchte. Das Drachenbuch von Ditte Bandini hat sich einen Ehrenplatz in jedem Liebhaberregal verdient und ist meines Erachtens nach das beste Sachbuch über Drachen 2002. Aber Achtung! Verwechselt das Buch des Ehepaares Bandini nicht mit dem Buch „Drachenwelten“ von Andreas Gößling, der unter dem Pseudonym Pietro Bandini schreibt. Der Inhalt der beiden Bücher unterscheidet sich gewaltig, denn während das Ehepaar Bandini den phantastischen Aspekt Drache behandelt Erklärt A. Gößling das Auftreten der Drachen anhand verschiedener Schöpfungsgeschichten aus einem völlig anderen Blickpunkt.

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